Vor vielen Jahrtausenden wurde die Sonne als Quelle des Lebens und deren gesundheitsfördernde Wirkung erkannt. In der Antike (vor ca. 3.000 Jahren) war die Lichtbehandlung Teil der Sonnenkulturen. Erst ab 1770 n. Chr. wurde die heilende Wirkung von Sonnenbädern wieder erkannt und im 19. Jh. zur Behandlung der Rachitis, von Gelenkerkrankungen und inneren Leiden angewandt. Der Nutzen der Heliotherapie stützte sich auf Beobachtungen und Erfahrungen. Erst seit wenigen Jahrzehnten wird die therapeutische Wirkung natürlicher und künstlicher Strahlung systematisch untersucht und die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Prophylaxe, Therapie und Rehabilitation eingesetzt. Künstliche Lichtquellen mit entsprechenden Spektren sind daraufhin entwickelt worden. Solarien sind mehr als nur kosmetisch wirkende Modeerscheinungen.
Strahlungswirkungen
Das Spektrum der elektromagnetischen Strahlung (siehe Abbildung) enthält nur einen sehr geringen Teil, der vom Auge als visuelle Strahlung, als Licht, wahrgenommen werden kann. Die angrenzenden Spektralbereiche haben sehr unterschiedliche Wirkungen auf den Menschen (s. a. Kapitel „Elektromagnetische Sicherheit”).
Lichtschutz ist eine der wichtigsten Funktionen der Haut für den Aufbau eigener Schutzmechanismen. Pigmentneubildung, Pigmentdunkelung und Lichtschwiele (Verdickung der Hornschicht der Haut als Schutz gegen Eindringen von Strahlung) werden z.B. durch Solarienbesonnung aktiviert – eine gute Möglichkeit, rechtzeitig vor dem Urlaub damit zu beginnen.
Vitamin D3 Photosynthese Die Aufnahme von UVB- Strahlung durch die Haut fördert die Bildung von Vitamin D3. Dieses Hormon ist die Voraussetzung für die Einlagerung von Kalzium in die Knochen. Damit kann Osteoporose (Knochenschwund) und Osteomalazie (Knochenerweichung) vorgebeugt werden. Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass weitaus mehr Funktionen in unserem Körper von diesem wichtigen Vitamin beeinflusst und gesteuert werden. Defizite in den sonnenarmen Wintermonaten können mit entsprechender Bestrahlung (Solarium) ausgeglichen werden.
Erhöhung der Leistungsparameter Bestrahlung mit UV-„Licht“ kann generell zu einer Verbesserung der Blutfließeigenschaften und damit zu einer besseren Sauerstoffausnutzung führen. Es kommt dann zu einer Normalisierung der Kreislaufgrößen, wie Pulsfrequenz, Blutdruck und Atmung. Eine spürbare Steigerung der Leistungsfähigkeit ist die Folge.
Erhöhung der Widerstandskraft In einer maßvollen Dosierung (weit weniger als zur kosmetischen Bräunung erforderlich) kann UV-B-Strahlung zu einem allgemeinen subjektiven Wohlbefinden, zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Stärkung des Organismus beitragen. Besondere immunorientierte Effekte steuern die körpereigene Infektabwehr, erhöhen so z.B. die Widerstandskraft gegen Erkältungskrankheiten.
Naturkosmetikum für die Haut UV-„Licht“ von Sonne und Solarium verleiht der Haut nicht nur einen angenehm leicht gebräunten Teint sondern kann auch zur Verbesserung des allgemeinen Hauterscheinungsbildes beitragen.
UV-Strahlung in der Therapie Die PUVA-Photochemotherapie, eine Kombination von lichtsensibilisierenden Medikamenten (Psoralenen) mit UV-ABestrahlung, wird zur Behandlung der Schuppenflechte (Psoriasis) und mehr als 20 weiteren Indikationen eingesetzt. Es sind weitere Therapieverfahren hinzugekommen, wie z.B. die SUP-selektive UV-Phototherapie, eine Bestrahlung mit speziellen UV-B-Leuchtstofflampen, jedoch ohne Sensibilisatoren (Medikamente), ferner auch die Balneo-Phototherapie, mit der das Klima des Toten Meeres zusammen mit dem Sonnen- UV simuliert wird und zu guten Therapieerfolgen – insbesondere bei Psorias und Neurodermitis-Effekten – geführt hat. Es werden „Tote-Meer“-Badewannen mit Bestrahlungseinheiten in ambulanten Therapiezentren und auch in der Heimtherapie angewendet. Die Atopische Dermatitis (Neurodermitis) bei Kleinkindern und zunehmend auch bei Erwachsenen zu diagnostizieren und zu behandeln erfordert viel Fachkenntnis des Dermatologen, insbesondere im Umgang mit optischer Strahlung. Auf die Phototherapie sprechen die Patienten meist recht gut an. Beginnend durch Behandlung mit dem UV-A-Spektrum künstlicher Lichtquellen kann durch Adaptation der Patienten später das positive Wirkungsspektrum sogar bis in den UV-B-Bereich erweitert werden.
Saisonal abhängige Depression (SAD) War bei den bisher beschriebenen Anwendungen der Ultraviolettbereich der Strahlung die Wirkungskomponente, ist bei der SAD (Seasonal Affectiv Disorder) der sichtbare Bereich, also das Licht, wirksam. Unter SAD, einer Depressionsart, die auf Lichtmangel zurückzuführen ist, leiden in unseren Breiten in der dunklen Jahreszeit viele Menschen. Ein größerer Prozentsatz davon muss therapiert werden. Hohe Beleuchtungsstärken (mindestens 2.500 lx über etwa 2 Stunden) auf der Netzhaut und flimmerfreies weißes Licht sind u. a. erforderlich. Lampen und Leuchten müssen möglichst frei von ultravioletter und infraroter (Wärme- )Strahlung sein. Die Therapieerfolge sind nachweisbar, obwohl die Wirkungsmechanismen noch nicht völlig geklärt sind. Ein wesentlicher Faktor ist aber sicher der Einfluss des Lichteinfalls in das Auge auf die innere Uhr, der im Abschnitt „Der circadiane Rhythmus und die innere Uhr" beschrieben ist.
Blaulichtbestrahlung Entscheidend für die Photoisometrie von Bilirubin (Gallenfarbstoff, Abbauprodukt des Hämoglobins z.B. in der Leber) ist das blaue Spektrum zwischen 425 nm und 460 nm, das von Spezialstrahlern erzeugt werden kann. Neugeborene leiden gelegentlich unter einer Störung des Bilirubinspiegels, insbesondere dem Ikterus (Gelbsucht), der mit dieser Spezialstrahlung erfolgreich behandelt werden kann.
Farblichttherapie Psychologische Wirkungen durch farbiges Licht sprechen das Gefühlsleben der Menschen an, aber auch physiologische Fakten. Die Berücksichtigung dieser Aspekte ist neben der melanopischen Wirkung des Lichtes ebenfalls Bestandteil des "Human Centric Lighting” (siehe Abschnitt „Human Centric Lighting (HCL)"). So dringt z. B. sichtbare Strahlung tiefer in den Körper ein als UV-Strahlung und zielt daher eher auf das Gefäßsystem in der Haut. Zwar sind viele dieser menschlichen Wahrnehmungen bislang noch unerforscht, positive Erfahrungen liegen jedoch im Bereich der Seniorenbehandlung vor.
Photodynamische Therapie Wie bei der PUVA-Therapie ist auch hier ein Photosensibilisator als Energieüberträger die wichtige Komponente. Er absorbiert im roten Bereich der sichtbaren Strahlung. Therapieerfolge sind bei der Behandlung des Blasenkarzinoms erzielt worden. Ebenso scheint Hautkrebs auf diese Weise therapierbar.
Infrarot-Behandlung Mit der Wärmestrahlung, die sich unmittelbar an die sichtbare Strahlung anschließt (dem IR-A) lassen sich viele körperliche Beschwerden lindern oder beseitigen. Denn diese Strahlungsart dringt am tiefsten in den Körper ein. In der IR-Sauna wird diese Erkenntnis genutzt.
Hyperthermie Bei der Hyperthermie nach dem Ardenne- Verfahren wird die Kerntemperatur des Körpers erhöht, ohne die Hautoberfläche zu temperieren. Sie wird durch gefilterte IR-A-Strahlung von Quarzrohrhellstrahlern ausgelöst. Hierdurch sind Behandlungserfolge bei der Krebstherapie möglich. Die Chemotherapie kann vielfach unterstützt oder gar ganz ersetzt werden.
Fazit: Ziel beim Einsatz von künstlicher Strahlung in der Medizin sind einerseits die Vermeidung negativer Wirkungen und andererseits das Finden neuer Anwendungen. Mögliche Risiken müssen erkannt und erforscht, damit minimiert, besser noch vermieden werden. Der Vorteil der dem natürlichen Tageslicht nachgebildeten künstlichen, optischen Strahlung ist die stetige Verfügbarkeit und die Möglichkeit, das Strahlungsspektrum im Hinblick auf größte Wirksamkeit und Dosierung zu optimieren. Grundsätzlich erfordert jede Art der Nutzung von Strahlung zur Therapie die Fachkenntnis des Arztes.