Wartungsfaktoren in Beispiel-Anwendungen

Der zu installierende Neuwert der Beleuchtungsstärke Ei (Index „i“ vom englischen „initial“) ist so festzulegen, dass die Beleuchtungsstärke zu keinem Zeitpunkt den Wartungswert unterschreitet. Der Rückgang der Beleuchtungsstärke wird durch den Wartungsfaktor angegeben. Wie in den vorangegangenen Absätzen dargestellt, ist der Rückgang des in der Nutzebene verfügbaren Lichtstroms abhängig vom von der Degradation des Leuchtmittels, der Verschmutzung der Leuchte und der Verschmutzung des Raumes. Dem entsprechend setzt sich der Wartungsfaktor MF zusammen aus dem Lampenwartungsfaktor LaMF, dem Leuchtenwartungsfaktor LMF und dem Raumwartungsfaktor RMF.

Für die Bestimmung des LMF und RMF sind folgende Parameter zu berücksichtigen:

  • Raumart: Zur Bestimmung des Verschmutzungsgrades, relevant für den Raumwartungsfaktor.

  • Leuchtenart: Zur Bestimmung des Leuchtenwartungsfaktors.

  • n: Nutzungszeitraum in Jahren. Betrachtungszeitraum für die Nutzung der Beleuchtungsanlage bis zu ihrer Außerbetriebnahme.

  • tm: Wartungsintervall für Leuchten und Raum zur Ermittlung des Leuchten- bzw. Raumwartungsfaktors.

Für die Bestimmung des LaMF sind zusätzlich die beabsichtigte Nutzung des Raumes sowie weitere Rahmenbedingungen zu berücksichtigen:

  • Lx: Bemessungslebensdauer der Leuchte (siehe Kapitel „Lebensdauer von LED-Leuchten") zur Bestimmung des Lichtstromrückgangs durch Degradation der LED.

  • ta: Jährliche Raumnutzungsdauer. Wenn nicht für den Einzelfall bekannt, können Nutzerprofile der DIN V 18599 (siehe Tabelle  in Kapitel „Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD)") herangezogen werden.

  • FPrä: Teilbetriebsfaktor für die Anwesenheitserkennung auf Basis der Norm DIN V 18599  (siehe Kapitel „Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD)").

  • FKL, TL; Deg: Teilbetriebsfaktor für die Konstantlichtregelung und Tagesllichtregelung in Bezug auf die LED-Degradation. Dieser Wert ist zu unterscheiden von dem Teilbetriebsfaktor bzgl. des Energiebedarfs auf Basis der Norm DIN V 18599 (siehe Kapitel „Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD)").

Unter Berücksichtigung der Teilbetriebsfaktoren kann eine jährliche effektive Betriebszeit teff; Deg bestimmt werden. Aus den über den Nutzungszeitraum auftretenden effektiven Betriebszeiten ergibt sich eine effektive Gesamtbetriebszeit teol („eol“ vom englischen „end of life“).

teol = n ⋅ teff; Deg = n ⋅ taFPräFKL, TL; Deg

Zur Bestimmung des Lampenwartungsfaktors LaMF, ist die zu erwartende Degradation zum Zeitpunkt teol mit Hilfe der Tabelle der Bemessungslebensdauer Lx (Tabelle bis Tabelle) zu ermitteln. Dabei darf teol maximal das 1,5-fache der Bemessungslebensdauer Lx betragen (siehe auch Kapitel „Lebensdauer von LED-Leuchten").

In den folgenden Absätzen werden beispielhafte Anwendungen betrachtet.

Beispiel 1: 2-Personen-Büro

Als Beispiel soll ein 2-Personen-Büro in einem modernen Verwaltungsgebäude betrachtet werden, wie es im Kapitel „Beispiele: Energiebedarf für Licht gemäß DIN V 18599-4” beschrieben ist. Eine mindestens mittlere Tageslichtversorgung an allen Arbeitsplätzen kann für die Planung angenommen werden und führt zu einer mittleren Lichtstromreduzierung um mehr als 50 % im Dimmbetrieb (siehe Kapitel „Beispiele: Energiebedarf für Licht gemäß DIN V 18599-4").

Zwei unterschiedliche Ausstattungen der Beleuchtung werden bzgl. ihres Wartungsfaktors betrachtet.

Raum:

Sehr sauberes Nichtraucher-Gruppenbüro

Leuchtenart:

a: Geschlossene Leuchte, Anbauleuchte (z. B. Belviso D···)

b: abgehängte Leuchte (z. B. Lunexo H···)

Lx

L80 = 70.000 h (siehe Kapitel Lebensdauer von LED-Leuchten)

Em

500 lx

ta

2.750 h/a

FPrä

0,715

FKL;TL;Deg

0,60 bei einer Energieeinsparung > 50 % durch Dimmen (siehe Fußnote)

teff, Deg

2.750h/a ⋅ 0,715 ⋅ 0,60 = 1.180h/a

n

20 Jahre

teol

1.180h/a ⋅ 20a = 23.600h

tm

3 Jahre

Die Teilwartungsfaktoren ergeben sich zu:

Lampenwartungsfaktor, a und b: LaMF = 0,93

Begründung: Der Lampenwartungsfaktor ist für LED innerhalb ihrer Bemessungslebensdauer mit ihrem Lampen-Lichtstrom-Rückgang gleichzusetzen, da ein Totalausfall vernachlässigbar unwahrscheinlich ist. Für LED-Leuchten kann außerdem davon ausgegangen werden, dass die effektive Betriebszeit um die Ausschaltzeiten durch Abwesenheitserkennung reduziert werden kann. Das Dimmen der Beleuchtung, das sich abschwächend auf den Lichtstromrückgang des Leuchtmittels führt zu einer weiteren Reduzierung der effektiven Betriebszeit um ca. 40 %. Der sich ergebende LaMF kann in der Tabelle abgelesen werden (siehe markierter Wert). Der LaMF kann auch mit dem TRILUX LIFETIME RECHNER  ermittelt werden.

Leuchtenwartungsfaktor LMF = 0,89

Begründung: Siehe Tabelle 3.14 (Leuchtengruppe 3) für sehr sauberes Nichtraucherbüro, Wannenleuchte. 

Raumwartungsfaktor

a: RMF = 0,97

b: RMF = 0,93

Begründung: Siehe Tabelle (d) für das mittelgroße, sehr saubere Nichtraucherbüro mit häufiger, intensiver Reinigung des Raumes, für direkt strahlende Leuchten, bzw. direkt-indirekt strahlende Leuchten.

Daraus errechnet sich ein Wartungsfaktor für die Beleuchtung:
Wartungsfaktor MF = LaMF · LMF · RMF
a: MF = 0,93 · 0,89 · 0,97 = 0,80
b: MF = 0,93 · 0,89 · 0,93 = 0,77

Für eine gute Tageslichtversorgung ergibt sich:
Wartungsfaktor LaMF · LMF · RMF
a: MF = 0,95 · 0,89 · 0,97 = 0,82
b: MF
= 0,95 · 0,89 · 0,93 = 0,79

Bei dreijähriger Wartung der Anlage kann den Planungen ein Wartungsfaktor von 0,8 zugrunde gelegt werden.

Daraus ergibt sich der zu installierende Neuwert der Beleuchtungsstärke zu:

Ei = 500 lx/0,80 = 625 lx (Pos. 1 in Abb.).

Der zeitliche Verlauf der Beleuchtungsstärke ergibt sich wie folgt:

Nach 3 Jahren, dem Zeitpunkt m1 der ersten Wartung, ist die Beleuchtungsstärke auf den Wert von 534 lx gesunken (Pos. 2 in Abb.). Die Leuchten werden gereinigt, der Leuchtenwirkungsgrad steigt wieder auf seinen Anfangswert, der Raumwirkungsgrad bleibt unverändert.

Die Beleuchtungsstärke nach der Reinigung der Leuchten beträgt

Em1 = 0,99 · 1,00 · 0,97 · Ei = 0,96 · Ei

und steigt auf den Wert

Em1 = 625 lx · 0,96 = 600 lx (Pos. 3 in Abb.).

Nach weiteren 3 Jahren (insgesamt nach 6 Jahren, m2) ändert sich die Beleuchtungsstärke wie folgt: Der relative Lampenwirkungsgrad aufgrund von ca. 10.000 h Betriebsdauer ergibt sich zu 0,97. Die Leuchten haben vor der Reinigung einen um den Faktor 0,89 reduzierten Wirkungsgrad auf Grund 3-jähriger Verschmutzung (siehe Tabelle). Der relative Raumwirkungsgrad ist nahezu konstant und geht von 0,97 auf 0,96 zurück (siehe Tabelle), in dem Fall dass die Wartung des Raumes in einem Zyklus ausgelassen worden ist.

Nach 6 Jahren (vor der Reinigung der Leuchten) beträgt der Wert der Beleuchtungsstärke

Em2 = 0,97 · 0,89 · 0,96 · Ei = 0,83 · Ei

und die Beleuchtungsstärke

E = 625 lx · 0,83 = 519 lx (Pos. 4 in Abb.).

Die Leuchten und der Raum haben nach intensiver Reinigung bzw, Wartung wieder den Wirkungsgrad des Neuzustands.

Zum Zeitpunkt der Planung ist anzunehmen, dass nach sechsjähriger Betriebszeit der Wartungswert der Beleuchtungsstärke von 500 lx weiterhin nicht unterschritten wird. Erst nach ca. 20 Jahren (25.000 Betriebsstunden), also nach ca. 7 Wartungsintervallen ist der Lampen-Lichtstrom-Rückgang (Degradation) so weit fortgeschritten, dass die Wartungsbeleuchtungsstärke am Ende der Wartungsperiode nicht mehr erreicht wird.

Abbildung 3.31: Verlauf der mittleren Beleuchtungsstärke in der Beispielanlage

Beispiel 2: Großraumbüro

Als weiteres Beispiel kann ein Großraumbüro betrachtet werden, wie es ebenfalls im Kapitel „Beispiele: Energiebedarf für Licht gemäß DIN V 18599-4” beschrieben ist.

Der Teilbetriebsfaktor für die Anwesenheitserfassung FPrä ist hier auf den Wert 1 zu setzen, da keine relative Abwesenheit besteht. Alle weiteren Parameter bleiben gleich wie im Beispiel 1. Die Wartungsfaktoren
ergeben sich zu

sich zu
teff, Deg: 2.750h/a ⋅0,60 = 1.650h/a
      teol: 1.650h/a ⋅20 a = 33.000h

Wartungsfaktor MF = LaMF · LMF · RMF
a: MF = 0,90 · 0,89 · 0,97 = 0,79
b: MF = 0,90 · 0,89 · 0,93 = 0,74

Für eine gute Tageslichtversorgung ergibt sich:

Wartungsfaktor LaMF · LMF · RMF
a: MF = 0,93 · 0,89 · 0,97 = 0,80
b: MF
= 0,93 · 0,89 · 0,93 = 0,77

Bei dreijähriger Wartung der Anlage kann den Planungen also, wie in der Beleuchtung 2019 empfohlen, im Allgemeinen ein Wartungsfaktor von mindestens 0,75 zugrunde gelegt werden.

Wird das Großraumbüro arbeitszonal beleuchtet, so können die Arbeitsplätze mit einer Anwesenheitserfassung betrieben werden. Bei Abwesenheit sollte die Beleuchtung in ein Grundlichtniveau von ca. 20 % des Wartungswertes der Beleuchtungsstärke versetzt werden (siehe auch Kapitel "Leuchtdichteverteilung" und Kapitel "Individualisierung der Beleuchtung", Lichtmanagement-Anwendungen), um eine ausgewogenes Leuchtdichteverhältnis im Raum zu bewahren.

Beispiel 3: Industriehalle

Als drittes Beispiel wird eine Industriehalle mit Ein-Schicht-Betrieb
betrachtet, wie ebenfalls im  Kapitel „Beispiele: Energiebedarf für Licht gemäß DIN V 18599-4” beschrieben.

Der Teilbetriebsfaktor für die Anwesenheitserfassung FPrä ist hier wieder auf den Wert 1 gesetzt, da keine relative Abwesenheit besteht. 

Der LaMF = 0,90 ist annähernd identisch zum Großraumbüro

teff, Deg: 2.750h/a ⋅0,60 = 1.650h/a
      teol: 1.650h/a ⋅20 a = 33.000h

Wartungsfaktor MF = LaMF · LMF · RMF
MF = 0,90 · 0,73 · 0,95 = 0,62

Für eine gute Tageslichtversorgung ergibt sich:

Wartungsfaktor LaMF · LMF · RMF
MF = 0,93 · 0,73 · 0,95 = 0,65

Die ZVEI-Schrift „Leitfaden Planungssicherheit in der LED-Beleuchtung” kalkuliert für einen Industriebetrieb im Zwei-Schicht-Betrieb eine Reduzierung durch Lichtmanagement von 4.000 h/a auf (teff, Deg =) 2.400 h/a und eine Nutzungsdauer von 25 Jahren mit einer Gesamtbetriebszeit der Leuchten von (teol =) 60.000 h.

1Der TRILUX LIFETIME RECHNER ermöglicht die Ermittlung des LLMF und LSF von LED-Leuchten in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer und der Umgebungstemperatur, sowie die Umrechnung zwischen unterschiedlichen Lebensdauer-Spezifikationen (z.B. von L80 nach L70, siehe auch Kapitel, Lebensdauer von LED-Leuchten). Der Wartungsfaktor (MF) kann ermittelt werden, wenn der LMF und der RMF der Anwendung bekannt sind.