Elektrische Betriebsmittel, darunter auch Leuchten, dürfen in der EU nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie den grundlegenden Anforderungen geltender europäischer Richtlinien (umgesetzt in nationale Gesetze) entsprechen. Eine solche Anforderung ist auch die fotobiologische Sicherheit. Ihre Berücksichtigung wird in der „Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer gegen tatsächliche oder mögliche Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Exposition gegenüber künstlicher optischer Strahlung während der Arbeit“ (2006/25/EG) gefordert, sowie in der Europäischen Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit (GPSD), 2001/95/ EG und der Niederspannungsrichtlinie (LVD), 2006/95/EG.
Photobiologische Sicherheit
Zur Beurteilung der fotobiologischen Sicherheit der durch Lampen erzeugten optischen Strahlung bestehen Messvorschriften und Bewertungsmaßstäbe, die in der internationalen Norm IEC 62471:2006 festgelegt sind. Diese ist in Europa als EN 62471:2008, und in der Folge in Deutschland als DIN EN 62471:2009-03; VDE 0837-471:2009-03 umgesetzt worden. Sie steht in Übereinstimmung mit der europäischen Richtlinie 2006/25/EG.
Die Beurteilung der Lichtquellen erfolgt bzgl. unterschiedlicher Gefährdungen:
Aktinische UV-Gefährdung der Augen und der Haut
Gefährdung der Augen im UV-A-Spektralbereich
Fotochemische Netzhautgefährdung (Blaulichtgefährdung)
Fotochemische Netzhautgefährdung - kleine Quelle
Thermische Netzhautgefährdung
Thermische Netzhautgefährdung - schwacher visueller Reiz
IR-Gefährdung der Augen
Thermische Gefährdung der Haut
Für alle Gefährdungsarten existieren Messverfahren sowie Grenzwerte der Strahldichte oder Bestrahlungsstärke, bzgl. derer die Leuchtmittel in Risikogruppen (RG) der Stufen 0 bis 3 eingeteilt werden können. Dabei bedeutet:
RG0 Es besteht kein Risiko. Es besteht keine Gefahr der Schädigung des Auges, auch bei dauerhaftem Blick in Richtung der Lichtquelle (unbegrenzte Expositionsdauer)
RG1 Es besteht ein geringes Risiko. Eine Schädigung des Auges tritt nicht ein, auch bei starrem Blick in Richtung der Lichtquelle mit begrenzter Dauer (begrenzte Expositionsdauer).
RG2 Es besteht ein mittleres Risiko. Eine Schädigung des Auges wird durch eine Abwendreaktion vermieden. Dies setzt voraus, dass der Blick in die Lichtquelle als genügend unangenehm empfunden wird. Der Grenzwert der Strahldichte bzw. Bestrahlungsstärke wird so festgelegt, dass innerhalb der Dauer bis zum Abwenden des Blickes von der Lichtquelle (kurze Expositionsdauer) das Auge durch die Strahlung nicht geschädigt wird.
RG3 Es besteht ein hohes Risiko. Schon ein kurzer Blick in die Lichtquelle kann eine Schädigung des Auges hervorrufen.
Die Risikogruppen beziehen sich auf einen gemeinsamen Referenzabstand des Auges von der Lichtquelle. Ab der Einstufung in die Gruppe RG2 müssen Leuchtmittel gekennzeichnet und mit einem Warnhinweis versehen werden, der auf die fotobiologische Gefährdung und auf Möglichkeiten der Vermeidung von Augenschädigungen hinweist.
Diese Messverfahren und Klassifizierungen können ebenfalls auf LED-Lichtquellen angewendet werden, auch wenn diese nicht über eine Fassung für ihren Wechsel in einer Leuchte verfügen, also im strengen Sinne keine Lampen sind. Die Leuchten-Norm EN 60598-1:2015 legt weiterhin fest, dass die gleiche Bewertung wie in IEC 62471:2006 ebenfalls auf Leuchten mit fest integrierten Lichtquellen zu übertragen ist. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf LED-Produkten und einer möglichen Gefährdung durch Blaulicht (Blue Light Hazard, Photoretinitis). Umfangreiche Untersuchungen haben ergeben, dass eine solche Gefährdung unter ungünstigen Bedingungen bei Verwendung von in der Leuchtentechnik marktüblichen LED-Komponenten auftreten kann (“Photobiologische Sicherheit von Licht emittierenden Dioden (LED)”, Dr. rer. nat. Ljiljana Udovičić et al., Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dez. 2012).
Die „Blaulichtgefährdung” beruht auf einer fotochemischen Reaktion, die im Auge durch sichtbares Licht, insbesondere im Wellenlängenbereich von 400 nmbis 500 nm, ausgelöst werden kann.
Die Risikogruppen der Stufen 0 bis 3 sind für die Blaulichtgefährdung mit Angabe der zugehörigen Grenzwerte und Expositionsdauern in Tabelle angegeben. Die Grenzwerte beziehen sich auf die radiometrische Strahldichte bzw. Strahlungsstärke, gewichtet mit der spektralen Wirkungsfunktion B(λ) für photochemische Netzhautgefährdung (siehe Abbildung). Eine Umrechnung auf die visuell wahrnehmbare Leuchtdichte bzw. Beleuchtungsstärke kann bei Kenntnis der spektralen Zusammensetzung des Lichtes erfolgen.
In der oben aufgeführten Auflistung wird bzgl. der photochemischen Netzhautgefährdung (Blaulichtgefährdung) zwischen der Betrachtung ausgedehnter Lichtquellen und der Betrachtung kleiner Lichtquellen unterschieden. Als kleine Lichtquellen werden solche bezeichnet, die im Gesichtsfeld mit einer Winkelausdehnung α erscheinen, die kleiner ist, als der charakteristische Empfangswinkel γ des Augrezeptors von 11 mrad (0,63°). Diese Einstufung ist also abhängig vom Abstand der Lichtquelle vom Auge (siehe Abbildung), der in der lichttechnischen Anwendung als ≥ 20 cm angenommen werden soll. Für den Abstand von 20 cmergibt sich eine Kantenlänge der „kleinen” Lichtquelle von 2,2 mm, was dazu führt, dass Einzel-LED auf Grund ihrer geringeren Baugröße in der Regel als „kleine” Lichtquellen betrachtet werden können.
Für „kleine” Lichtquellen ist nicht mehr ihre Strahlungsdichte relevant, sondern die Bestrahlungsstärke, die sie am Auge erzeugen. Diese nimmt gemäß dem fotometrischen Entfernungsgesetz proportional zum Quadrat des Abstandes zwischen Lichtquelle und Beobachter ab.
Wenn die eingesetzte Lichtquelle bereits geprüft ist, muss die Leuchte nicht erneut auf Blaulichtgefährdung geprüft werden. Es kann die Einstufung in die Risikogruppe des Leuchtmittels auf die Leuchte direkt übertragen werden. Denn durch den Einbau in eine Leuchte wird die Strahlungsgefahr nicht erhöht. Eine niedrigere Einstufung kann erfolgen, wenn bei der Messung der Leuchte ein entsprechend verringertes Risiko ermittelt wird.
In EN 60598-1 ist neben der Messung und Einstufung auch die Zulassung und Kennzeichnung von Leuchten bzgl. ihrer fotobiologischen Sicherheit festgelegt. Dabei ist zwischen Leuchtenarten für unterschiedliche Anwendungen zu unterscheiden.
Grundsätzlich muss gewährleistet sein, dass in der sachgemäßen Anwendung der Leuchte maximal eine geringe Gefährdung gemäß der Risikogruppe RG1 auftritt.
Der Grenzwert der radiometrischen Bestrahlungsstärke der Risikogruppe RG1 beträgt 1,0 W/m2.
Für Leuchten wird die entsprechende fotometrische Beleuchtungsstärke Ethr angegeben, die sich unter Berücksichtigung der spektralen Zusammensetzung des Lichtes ergibt.
Für höher als RG1 eingestufte Leuchten ist die Kennzeichnung durch ein Bildzeichen erforderlich. Der Anbringungsort ist der Tabelle zu entnehmen.
Für höher als RG1 eingestufte Leuchten sind ggf. Hinweise erforderlich, unter welchen Anwendungsbedingungen eine entsprechende Herabsetzung des Risikos erreicht wird.
Für Leuchten, die bei dem festgelegten Referenzabstand von 20 cm den Grenzwert der Bestrahlungsstärke von 1,0 W/m2 nicht einhalten, ist ein Mindestabstand anzugeben, bei dem der Grenzwert unterschritten wird.
Für Leuchten mit LED-Modulen, die höher als RG1 eingestuft sind und im Fall der Wartung der Leuchte direkt einsehbar werden, muss das oben gezeigte Bildzeichen bei der Wartung sichtbar sein und ein Warnhinweis in der Montageanleitung gegeben werden (siehe Tabelle).
Für Leuchten für Kinderzimmer ist gemäß der Norm maximal die Risikogruppe RG1 zulässig (siehe Tabelle).
Bei der ENEC-Zertifizierung von Leuchten beim VDE und den weiteren Prüfinstitutionen wird immer auch eine Bewertung der fotobiologischen Sicherheit durchgeführt.
TRILUX-Innenraumleuchten entsprechen in Gebrauchslage grundsätzlich mindestens der Risikogruppe RG1. In seltenen Fällen schon länger bestehender Baureihen werden in TRILUX-Leuchten LED-Module der Klassifizierung RG2 eingesetzt, die bei der Wartung der Leuchte einsehbar werden (siehe Abbildung).