Unsere Industriegesellschaft ist ohne elektronische Geräte nicht mehr vorstellbar. Daher hat sich auch der europäische Gesetzgeber der Frage der EMV zugewandt und entsprechende Richtlinien erlassen.
EU-Richtlinen und Normen
Die Richtlinie 2014/30/EU (EMV-Richtlinie) sowie die Richtlinie 2014/53/EU (Funkgeräterichtlinie) regeln die EMV-Eigenschaften von Leuchten. Erstere ist auf alle Leuchten anzuwenden. Auf letztere wird verwiesen, sofern Komponenten für die Funkkommunikation (z.B. W-Lan) in der Leuchte enthalten sind.
Beide Richtlinien gewährleisten das gleiche Schutzniveau hinsichtlich der EMV. EU-Richtlinien und entsprechende nationale Gesetze enthalten nur Rahmenvorschriften. Die technischen Anforderungen und Prüfbestimmungen sind in harmonisierten Normen enthalten. Die EMV-Normen für Leuchten und Leuchtenzubehör in Europa und in Deutschland sind in Tabelle zusammengefasst.
EN 55015
Die europäische Richtlinie 2014/30/EU (EMV-Richtlinie) verweist für Beleuchtungseinrichtungen unter anderem auf die in Europa harmonisierte Norm EN 55015 „Grenzwerte und Messverfahren für Funkstörungen von elektrischen
Beleuchtungseinrichtungen und ähnlichen Elektrogeräten“. Grenzwerte für Störaussendungen im Frequenzbereich über 9 kHz sowie die Messverfahren zur Prüfung ihrer Einhaltung sind in dieser Norm festgelegt. Gegenwärtig sind die zulässigen Störpegel bis zu einer Frequenz von 300 MHz festgelegt. Eine Erweiterung der Norm hinsichtlich der Prüfung und Bewertung von Störfeldstärken bis zu 1.000 MHz ist in Bearbeitung. Die festgelegten Grenzwerte gelten sowohl für leitungsgebundene wie auch für nicht-leitungsgebundene hochfrequente Störungen durch Leuchten und Leuchtenzubehör.
Leuchten für Glühlampen, die keine Lichtsteuergeräte oder elektronische Schalter enthalten, erzeugen keine elektromagnetischen Störgrößen und sind daher von EMV-Prüfungen ausgenommen.
Alle Leuchten – ausgenommen solche für Glühlampen – müssen Grenzwerte der Störspannung an ihren Anschlussklemmen für die Netzspannungsversorgung sowie weitere Zuleitungen einhalten. Abbildung zeigt die maximal zulässigen Quasispitzenwerte QS und Mittelwerte M der Störspannung in Abhängigkeit von der Frequenz. Diese Werte gelten auch für Dimmer und Transformatoren mit Halbleitern.
Die EN 55015 legt Grenzwerte der magnetischen Komponente der (drahtlos ausgesendeten elektromagnetischen) Störfeldstärke fest (siehe Abbildung), wobei die Grenzwerte je nach Durchmesser der um die Leuchte anzuordnenden Messantenne unterschiedlich sind.
Besondere Anwendungsfälle, wie z. B. im militärischen Bereich oder bei der Flugplatzbeleuchtung, können weitergehenden Anforderungen an die Begrenzung von Störaussendung unterliegen.
Um die elektromagnetische Verträglichkeit einer Beleuchtungsanlage sicherzustellen, ist es erforderlich, die eingesetzten Leuchten als Funktionseinheiten, d. h. nicht nur ihre Komponenten, zu betrachten. Denn auch wenn nur der Norm EN 55015 entsprechende Betriebsgeräte und ggf. Steuerkomponenten verwendet werden, bedarf es eines sorgfältigen Schaltungsentwurfs, insbesondere bzgl. der Verlegung der leuchteninternen Leitungen, damit auch die Leuchte als Funktionseinheit die Anforderungen der EN 55015 erfüllen kann. In Einzelfällen können zusätzliche Entstörkomponenten erforderlich sein, wenn sich die auftretenden Störaussendungen durch konstruktive Maßnahmen nicht genügend reduzieren lassen (siehe Abbildungen).
In der Praxis kann es beim Betrieb von Leuchten trotz sorgfältiger Prüfungen ihrer elektromagnetischen Verträglichkeit in Einzelfällen zu Störungen, z. B. des Rundfunkempfangs oder von Funkübertragungen, kommen. Diese können in Verbindung mit ungünstigen Betriebsbedingungen auftreten. In einigen Fällen kann so eine Störung durch einen Mantelwellenfilter (Klappferrit, siehe Abbildung), der die Zuleitung der Spannungsversorgung umschließt, ausreichend reduziert werden.
EN 61000-3-2
In EN 61000-3-2 „Elektromagnetische Verträglichkeit, Grenzwerte für Oberschwingungsströme (Geräte- Eingangsstrom ≤ 16 A je Leiter)“ sind die Grenzwerte der Netzstromoberschwingungen für Leuchten und Leuchtenzubehör festgelegt. Durch die Einhaltung der vorgegebenen Grenzwerte ist sichergestellt, dass keine unzulässige Beeinflussung (Störungen durch Netzrückwirkungen) von Verbrauchern an der gleichen Netzversorgung erfolgt. Für Leuchten mit weniger als 25W und und solchen ab 25W Eingangsleistung unterscheiden sich die Grenzwerte.
EN 61000-3-3
In EN 61000-3-3 „Elektromagnetische Verträglichkeit, Grenzwerte für Spannungsschwankungen und Flicker in Niederspannungsnetzen (Geräte-Eingangsstrom ≤ 16 A je Leiter)“ sind Festlegungen getroffen, die verhindern, dass durch Laständerungen von Geräten die Netzspannung an den Anschlussstellen der Betriebsgeräte zu stark variiert.
Damit sollen unzulässige Störungen anderer Verbraucher an der gleichen Netzversorgung vermieden werden. Bei Leuchten mit Glühlampen bis 1.000W Eingangsleistung, Leuchten mit Entladungslampen bis 600W Eingangsleistung sowie LED-Leuchten bis 200W Eingangsleistung muss nach dieser Norm nicht mehr gemessen werden, da davon ausgegangen wird, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Bei Beleuchtungseinrichtungen sind im Allgemeinen relativ geringe und konstante Leistungen anzunehmen, von denen keine signifikanten Spannungsschwankungen oder Flicker erzeugt werden. Eine Ausnahme bildet die professionelle Veranstaltungsbeleuchtung (Theater, Diskothek) mit großen Leistungen und schnellen Leistungsänderungen (Blitzlicht in Diskotheken).
EN 61547
Mit der Einhaltung der Anforderungen der Norm EN 61547 „Einrichtungen für allgemeine Beleuchtungszwecke – EMV-Störfestigkeitsanforderungen“ wird nachgewiesen, dass Leuchten und Leuchtenzubehör gegen äußere Störungen anderer Verbraucher nicht anfällig sind.
Bei den Prüfungen zur Störfestigkeit werden definierte Störungen erzeugt und die Leuchte diesen ausgesetzt. Durch die „Reaktion“ der Leuchte auf diese Störungen wird die Störfestigkeit bewertet.
Solche Störfestigkeits-Prüfsignale unterscheiden sich durch den Übertragungsweg (leitungsgebunden bzw. nicht-leitungsgebunden), durch die Signalform (kontinuierlich bzw. impulsförmig) und durch die Frequenz (niederfrequent bzw. hochfrequent).
Die leitungsgebundenen Störsignale werden direkt auf den Netzanschluss, den Signal- und Steuereingang oder auf externe Lampenanschlüsse übertragen.
Bei nicht-leitungsgebundenen Störfestigkeitsprüfungen wird ein definiertes Störfeld erzeugt, dem die Leuchte ausgesetzt wird. Auch Auswirkungen elektrostatischer Entladungen auf die Leuchte werden geprüft. Letztere Prüfung ist insbesondere für LED-Leuchten von großer Relevanz, da die betriebenen LED-Halbleiter bei ungünstiger Konstruktion der Leuchte durch elektrostatische Entladungen stark gefährdet sein können (siehe auch Kapitel „Produktqualität”) .
Die Auswirkungen der Prüfsignale werden in Stufen bewertet. Zum Beispiel bedeutet die Bewertungsstufe A, dass sich die visuell wahrgenommene Lichtstärke der Leuchte während der Prüfung mit den genormten Prüfsignalen nicht verändert und eventuell vorhandene Regel und Steuergeräte einwandfrei funktionieren. Eine Bewertung der Stufe B lässt hingegen eine Veränderung der Lichtstärke zu, die sich jedoch wieder selbsttätig zurückbilden muss.